4
Mai
2008

Thema: Was bestimmt den Preis von Nahrungsmitteln (Danny)

.
Daniel_HWP - 3. Jun, 15:52

Veranstaltung am 3.6.

moin Danny, zu Deinem Thema (aber in eigener Sache ;) besuche ich heute abend folgende Veranstaltung:

Die GEGENSTANDPUNKT-Redaktion bietet regelmäßig die Gelegenheit zur politischen Diskussion zu aktuellen Themen und Beiträgen im GegenStandpunkt auf einem

Jour fixe

nächster Termin: Di. 03.06.08 19:30 Uhr
im Werkshof in Ottensen, Ecke Gaußstrasse/Nernstweg

Politik und Öffentlichkeit entdecken ein neues Problem: Weltweit steigende Lebensmittelpreise, wachsende Nahrungsmittelprobleme, drohende Hungeraufstände.

Wie Agrargeschäft und Versorgungsnöte zusammengehören und wie sie politisch betreut werden. Ein Lehrstück in Sachen Reichtum und Armut im globalen Kapitalismus

Merkwürdig ist die plötzliche Aufregung über weltweit steigende Lebensmittelpreise und über wachsende Probleme in Sachen ‚Welternährung' schon. Neu ist nämlich weder, dass für weite Bevölkerungskreise in allen möglichen Weltregionen Hunger und Versorgungsnöte zum Alltag gehören, noch dass sich das der Vernichtung ihrer früheren Subsistenzmöglichkeiten und Lebensmittelpreisen verdankt, die ihre Zahlungsfähigkeit, so überhaupt vorhanden, bei weitem übersteigen. Die Aufregung rührt offenkundig auch weniger aus den humanitären Einwänden gegen die elementare Not, die mit den globalisierten Agrarmärkten keineswegs verschwunden ist, sondern wächst. Die Klagen über steigende Preise und ihre Wirkung landen ziemlich umstandslos bei Bedenken, dass die notwendigen Lebensmittel - von anderen Gütern ganz zu schweigen - inzwischen für Bevölkerungskreise unerschwinglich werden, die bisher nicht zu den notorischen Adressaten der Hungerhilfe aus den ‚reichen Ländern' zählen. Sie richtet sich ferner, kaum nimmt sie die Not in den Blick, auf unliebsamen Auswirkungen auf den Gehorsam der Untertanen und die staatliche Ordnung in einer wachsenden Zahl von Drittwelt- und anderen Ländern. Daneben beklagt man die steigenden Kosten, die die Dauerbetreuung der weltweiten Hungerregionen verursacht. Die übersteigt die paar Milliarden, die sich die zivilisierten Weltbetreuer diese Abteilung ihrer globalen Verantwortung kosten lassen wollen. Untragbar!

Merkwürdig auch, was da an Gründen für die neue globale ‚Bedrohung' ausfindig gemacht wird: Am weltweiten Agrargeschäft, am Geld, das mit den Lebensbedürfnissen der unterschiedlich zahlungsfähigen Weltbevölkerung verdient wird, soll es jedenfalls nicht liegen. Eher schon an einem Missverhältnis, das die segensreichen Leistungen von Markt und Preisen verfälscht hat:
- Angebot und Nachfrage sind leider auseinander getreten. Zu viele wollen da zuviel an Konsum: Chinesen wollen und könne sich heute mehr leisten
- also wird es für andere knapp und teuer. Dass wachsender zahlungsfähiger Bedarf mit steigenden Preisen ausgenutzt wird und ein Mehrkonsum der einen andere mit weniger Geld ins Elend stürzt, das gilt nicht als Skandal, sondern bestenfalls als unliebsame Konsequenz eines Marktmechanismus, der die Versorgung auf dem Globus eigentlich zufriedenstellend regeln müsste
- wenn man eben nicht fälschlich eingreift oder Fehlentwicklungen passieren.
- Es wird leider zuviel Agrarproduktion für die erneuerbaren Energiebedürfnisse von USA und anderen Ländern umgewidmet. Dass dieser Bedarf geschäftlich unschlagbar ist und die Lebensmittel der Bevölkerung ganzer Länder mit einem Schlag unbezahlbar macht, auch das zählt nicht als Einwand gegen die Rechenweise, nach der da die Lebensbedürfnisse der Massen als mehr oder minder einträgliche Bereicherungsquelle kalkuliert werden; das wird abgebucht unter bedauerliche Fehler eines an sich lobenswerten energiepolitischen
Umsteuerungswillens.
- Die Landwirtschaftsexporte aus den Nationen, die zu den reichen Industrieländern gezählt werden, ruinieren die lokale Agrar- und Lebensmittelproduktion der sogenannten Rohstoff- und Agrarländer, heißt es. Auch das gilt als behebbares Versäumnis einer Agrar- und Entwicklungspolitik der reichen Länder, die sich mehr darum zu kümmern hätte, dass vor Ort für die Armutsbevölkerung mehr Essbares produziert und eine ‚heimische Landwirtschaft' erhalten würde
- selbstverständlich ohne die Rolle dieser Länder als agrarische Rohstofflieferanten für die Bedürfnisse der eigentlichen Weltmarktsnationen zu behelligen.

Soviel steht fest und ist den öffentlichen Auskünften über Preissteigerungen und deren störende Wirkungen durchaus zu entnehmen: Worüber da mit humanitären Klagen, ordnungspolitischen Sorgenfalten und politökonomischen Schuldzuweisungen öffentlich verhandelt wird, ist das Ergebnis eines von Multis betriebenen Weltagrarmarkts, auf dem kapitalkräftige Lebensmittel- und Rohstoffkonzerne den wachsenden Nahrungsmittelbedarf einer rapide wachsenden chinesischen Stadtbevölkerung, den Hunger der großen Kapitalnationen nach Biosprit und Agrarrohstoffen für ihre nationale Industrie, die Ernährungsnöte afrikanischer Elendsfiguren und was es sonst noch an Bedarf nach solchen Gütern gibt, gleichermaßen als mehr oder weniger lukrative Geschäftsgelegenheiten kalkulieren.
Das Ergebnis fällt denkbar einsinnig aus. Mit dem Reichtum auf der einen, wächst offensichtlich das unmittelbare Elend eines wachsenden Teils der Weltbevölkerung auf der anderen Seite.
So soll man das allerdings keinesfalls sehen. Die Grundrechenarten des Weltmarkts kommen auch dort nicht in Verruf, wo die wachsende Not von Haiti über Ägypten bis sonst wohin verhandelt und im Namen von Hungerleidern Alarm geschlagen wird. Statt dessen plädieren die Zuständigen und ihre Kommentatoren dafür, dass die Mechanismen des Weltmarkts, die Institutionen des Weltgeschäfts und der Aufsicht über die globale Konkurrenz die einzig geeigneten Instrumente seien, die Versorgungsfragen angemessen zu lösen, die sie so nachdrücklich auf die Tagesordnung bringen. Die Zuständigen müssten nur ordentlich agieren, die Nachfrage auf dem Weltmarkt steigern, die Biodieselumstellung verlangsamen, für mehr Marktfreiheit sorgen, dann wären diese ‚Störungen' zu beheben. Am Ende rechnen sie noch die Elendsfiguren der Drittwelt ideell reich; für die würde sich jetzt glatt das agrarische Produzieren wieder lohnen, wenn die hiesigen Zuständigen nur die Drittweltstaaten zu mehr Eigenanstrengungen anhielten...

Von all dem kann keine Rede sein. Deshalb dagegen Einige Wahrheiten
- über Preise und Hunger; gewinnträchtige Agrarindustrie und Überlebenssorgen einer wachsenden Weltbevölkerung; Rohstoff-Spekulation und Versorgungsnöte; Drittweltelend und Entwicklungshilfe;
- über die Konkurrenz der Staaten um das weltweite Rohstoff- und Lebensmittelgeschäft und über den Versorgungsstandpunkt der Nationen;
- über die praktische und ideologische Befassung mit unliebsamen Konsequenzen des Weltmarkts durch seine Aufsichtsinstanzen und durch ihre Öffentlichkeit.

heute abend in der Werkstatt 3 (Achtung, jetzt kommt viel Text):

Die GEGENSTANDPUNKT-Redaktion bietet regelmäßig die Gelegenheit zur politischen Diskussion zu aktuellen Themen und Beiträgen im GegenStandpunkt auf einem

Jour fixe

nächster Termin: Di. 03.06.08 19:30 Uhr
im Werkshof in Ottensen, Ecke Gaußstrasse/Nernstweg

Politik und Öffentlichkeit entdecken ein neues Problem: Weltweit steigende Lebensmittelpreise, wachsende Nahrungsmittelprobleme, drohende Hungeraufstände.

Wie Agrargeschäft und Versorgungsnöte zusammengehören und wie sie politisch betreut werden. Ein Lehrstück in Sachen Reichtum und Armut im globalen Kapitalismus

Merkwürdig ist die plötzliche Aufregung über weltweit steigende Lebensmittelpreise und über wachsende Probleme in Sachen ‚Welternährung' schon. Neu ist nämlich weder, dass für weite Bevölkerungskreise in allen möglichen Weltregionen Hunger und Versorgungsnöte zum Alltag gehören, noch dass sich das der Vernichtung ihrer früheren Subsistenzmöglichkeiten und Lebensmittelpreisen verdankt, die ihre Zahlungsfähigkeit, so überhaupt vorhanden, bei weitem übersteigen. Die Aufregung rührt offenkundig auch weniger aus den humanitären Einwänden gegen die elementare Not, die mit den globalisierten Agrarmärkten keineswegs verschwunden ist, sondern wächst. Die Klagen über steigende Preise und ihre Wirkung landen ziemlich umstandslos bei Bedenken, dass die notwendigen Lebensmittel - von anderen Gütern ganz zu schweigen - inzwischen für Bevölkerungskreise unerschwinglich werden, die bisher nicht zu den notorischen Adressaten der Hungerhilfe aus den ‚reichen Ländern' zählen. Sie richtet sich ferner, kaum nimmt sie die Not in den Blick, auf unliebsamen Auswirkungen auf den Gehorsam der Untertanen und die staatliche Ordnung in einer wachsenden Zahl von Drittwelt- und anderen Ländern. Daneben beklagt man die steigenden Kosten, die die Dauerbetreuung der weltweiten Hungerregionen verursacht. Die übersteigt die paar Milliarden, die sich die zivilisierten Weltbetreuer diese Abteilung ihrer globalen Verantwortung kosten lassen wollen. Untragbar!

Merkwürdig auch, was da an Gründen für die neue globale ‚Bedrohung' ausfindig gemacht wird: Am weltweiten Agrargeschäft, am Geld, das mit den Lebensbedürfnissen der unterschiedlich zahlungsfähigen Weltbevölkerung verdient wird, soll es jedenfalls nicht liegen. Eher schon an einem Missverhältnis, das die segensreichen Leistungen von Markt und Preisen verfälscht hat:
- Angebot und Nachfrage sind leider auseinander getreten. Zu viele wollen da zuviel an Konsum: Chinesen wollen und könne sich heute mehr leisten
- also wird es für andere knapp und teuer. Dass wachsender zahlungsfähiger Bedarf mit steigenden Preisen ausgenutzt wird und ein Mehrkonsum der einen andere mit weniger Geld ins Elend stürzt, das gilt nicht als Skandal, sondern bestenfalls als unliebsame Konsequenz eines Marktmechanismus, der die Versorgung auf dem Globus eigentlich zufriedenstellend regeln müsste
- wenn man eben nicht fälschlich eingreift oder Fehlentwicklungen passieren.
- Es wird leider zuviel Agrarproduktion für die erneuerbaren Energiebedürfnisse von USA und anderen Ländern umgewidmet. Dass dieser Bedarf geschäftlich unschlagbar ist und die Lebensmittel der Bevölkerung ganzer Länder mit einem Schlag unbezahlbar macht, auch das zählt nicht als Einwand gegen die Rechenweise, nach der da die Lebensbedürfnisse der Massen als mehr oder minder einträgliche Bereicherungsquelle kalkuliert werden; das wird abgebucht unter bedauerliche Fehler eines an sich lobenswerten energiepolitischen
Umsteuerungswillens.
- Die Landwirtschaftsexporte aus den Nationen, die zu den reichen Industrieländern gezählt werden, ruinieren die lokale Agrar- und Lebensmittelproduktion der sogenannten Rohstoff- und Agrarländer, heißt es. Auch das gilt als behebbares Versäumnis einer Agrar- und Entwicklungspolitik der reichen Länder, die sich mehr darum zu kümmern hätte, dass vor Ort für die Armutsbevölkerung mehr Essbares produziert und eine ‚heimische Landwirtschaft' erhalten würde
- selbstverständlich ohne die Rolle dieser Länder als agrarische Rohstofflieferanten für die Bedürfnisse der eigentlichen Weltmarktsnationen zu behelligen.

Soviel steht fest und ist den öffentlichen Auskünften über Preissteigerungen und deren störende Wirkungen durchaus zu entnehmen: Worüber da mit humanitären Klagen, ordnungspolitischen Sorgenfalten und politökonomischen Schuldzuweisungen öffentlich verhandelt wird, ist das Ergebnis eines von Multis betriebenen Weltagrarmarkts, auf dem kapitalkräftige Lebensmittel- und Rohstoffkonzerne den wachsenden Nahrungsmittelbedarf einer rapide wachsenden chinesischen Stadtbevölkerung, den Hunger der großen Kapitalnationen nach Biosprit und Agrarrohstoffen für ihre nationale Industrie, die Ernährungsnöte afrikanischer Elendsfiguren und was es sonst noch an Bedarf nach solchen Gütern gibt, gleichermaßen als mehr oder weniger lukrative Geschäftsgelegenheiten kalkulieren.
Das Ergebnis fällt denkbar einsinnig aus. Mit dem Reichtum auf der einen, wächst offensichtlich das unmittelbare Elend eines wachsenden Teils der Weltbevölkerung auf der anderen Seite.
So soll man das allerdings keinesfalls sehen. Die Grundrechenarten des Weltmarkts kommen auch dort nicht in Verruf, wo die wachsende Not von Haiti über Ägypten bis sonst wohin verhandelt und im Namen von Hungerleidern Alarm geschlagen wird. Statt dessen plädieren die Zuständigen und ihre Kommentatoren dafür, dass die Mechanismen des Weltmarkts, die Institutionen des Weltgeschäfts und der Aufsicht über die globale Konkurrenz die einzig geeigneten Instrumente seien, die Versorgungsfragen angemessen zu lösen, die sie so nachdrücklich auf die Tagesordnung bringen. Die Zuständigen müssten nur ordentlich agieren, die Nachfrage auf dem Weltmarkt steigern, die Biodieselumstellung verlangsamen, für mehr Marktfreiheit sorgen, dann wären diese ‚Störungen' zu beheben. Am Ende rechnen sie noch die Elendsfiguren der Drittwelt ideell reich; für die würde sich jetzt glatt das agrarische Produzieren wieder lohnen, wenn die hiesigen Zuständigen nur die Drittweltstaaten zu mehr Eigenanstrengungen anhielten...

Von all dem kann keine Rede sein. Deshalb dagegen Einige Wahrheiten
- über Preise und Hunger; gewinnträchtige Agrarindustrie und Überlebenssorgen einer wachsenden Weltbevölkerung; Rohstoff-Spekulation und Versorgungsnöte; Drittweltelend und Entwicklungshilfe;
- über die Konkurrenz der Staaten um das weltweite Rohstoff- und Lebensmittelgeschäft und über den Versorgungsstandpunkt der Nationen;
- über die praktische und ideologische Befassung mit unliebsamen Konsequenzen des Weltmarkts durch seine Aufsichtsinstanzen und durch ihre Öffentlichkeit.

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